Konuya cevap yaz

Geschichten, die grammatische Regeln vermitteln

Verneinung


Frau Nein

Johannes Merkel


Eigentlich hieß Frau Nein gar nicht Nein, aber in der Nachbarschaft kannten sie alle nur unter diesem Spitznamen und ich könnte euch auch nicht sagen, wie sie sich mit ihrem Familiennamen nannte. Aber ich kann euch sagen, wie sie zu diesem Spitznamen kam.


Im Grunde war Frau Nein eine ganz normale Frau. Sie hatte nur einen kleinen Fehler: Sie konnte einfach nicht nein sagen.

Und deswegen passierten ihr immer wieder Sachen wie diese: Sie wollte nur kurz im Kaufhaus vorbeischauen, um ein Paar Socken zu kaufen. Steht da am Eingang ein Ausrufer: "Aufgepasst, meine Damen und Herren! Greifen Sie zu! Wir bieten eine sensationelle Neuentwicklung zu einem Schleuderpreis: Den vollautomatischen Nasenputzer!"

Frau Nein will sich vorbeidrücken, um rasch zum Sockenstand zu kommen. Leider war sie verschnupft und zog gerade ein Taschentuch heraus, um sich zu schnäuzen. Da hat sie den Ausrufer schon am Hals. "Na ich sehe, Sie brauchen dringend dieses phantastische Gerät." Aber weil sie nichts ablehnen kann, bleibt sie unschlüssig stehen, und schon hat sie der Ausrufer am Wickel. "Beachten Sie, wie einfach es funktioniert! Sie befestigen das Gerät ganz bequem mit dem Haltegurt vor der Nase, und schon beim geringsten Schniefer fahren ihnen zwei Bürsten in die Nasenlöcher und fegen sie sauber. Kein Taschentücher mehr, kein lästiges Schnäuzen! Und das zum Schleuderpreis von 345 Euro! Das können sie doch nicht ablehnen!"

Eigentlich denkt sie: Mann, lass mich in Frieden mit deinem Schrott! Aber was antwortet Frau Nein? "Jaja, aber gerne!" Und schon trägt sie so einen Kasten vor der Nase und ist 345 Euro los.

So oder so ähnlich ging das Frau Nein überall: Sie wollte mal eben nur eine Kleinigkeit besorgen und zurück kam sie mit einer vollgestopften Einkaufstasche. Kein Wunder, dass ihr Geldbeutel ständig leer war und es ihr am Geld fehlte, um ihre vielen Kinder zu ernähren.


Sie hatte nämlich 19 Kinder. Und jedes ihrer Kinder hatte einen anderen Vater. Und ahnt ihr, warum? Frau Nein konnte auch zu einem Mann nicht nein sagen. Ob sie ihn leiden konnte oder nicht, wenn irgendein Schnösel sie anlächelte und ihr zuflüsterte: "Sie sind die Frau meiner Träume! Wollen Sie meine Liebste sein?" dann dachte sie vieleicht: Auf dich habe ich gerade noch gewartet!. Aber was sagte sie stattdessen? "Jaja, aber gerne!" Davon hatte sie die vielen Kinder.

Und wenn ihr die Väter mitteilten, dass sie grade ganz klamm bei Kasse seien und ihr leider keinen Unterhalt für die Kinder zahlen könnten, und dass sie das doch wohl verstehen wird, dann dachte Frau Nein: Was geht das mich an! Schau zu, wie du deine Verpflichtungen erfüllst!  Aber was sagte sie: "Jaja, aber gerne!"


So konnte es doch nicht weitergehen! Frau Nein ließ sich jeden Schrott andrehen, die Väter zahlten immer weniger Unterhalt und sie konnte ihre Kinder nicht ernähren. Darum ging Frau Nein zum Arzt und fragte, ob er ihr nicht dieses ständige "Jaja, aber gerbe!" rausoperieren könne. "Das schon," sagte der Arzt. "Aber was soll ich Ihnen stattdessen einsetzen?"

"Ein lautes und unerbittliches, na Sie wissen schon, das, was ich nie rausbringe".

Da operierte ihr der Arzt das nette "Jaja, aber gerne!" raus und setzte ihr ein unerbittliches "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" ein.


Aber es war gar nicht so einfach mit einem unerbittlichen "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" zu leben. Schon auf dem Heimweg nach der Operation kam sie damit ins Schleudern. Sie war von der Narkose noch etwas betäubt und übersah eine Baugrube, die man erst am Morgen aufgerissen hatte. Sie ging durch die Absperrung und fiel in die Grube. Es war schon Abend und die Bauarbeiter waren nach Haus gegangen.

Am Grund der Grube stand zu allem Überfluss auch noch Wasser. Frau Nein rief um Hilfe. Tatsächlich liefen gleich einige Leute zusammen, schauten in das Loch und sagten der Verunglückten: "Warten Sie nur, wir holen Sie hier gleich raus!"

Und was antwortete ihnen Frau Nein? Ein lautes und unerbittliches "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" Da schüttelten die Leute die Köpfe und gingen weiter. Sie würde heute noch in der Grube sitzen, wenn nicht einer die Polizei angerufen hätte. Die kamen mit Blaulicht und schauten in die Grube. Als sie ihr durchgaben, sie würden sie gleich rausholen, was schrie ihnen da Frau Nein entgegen? Ein lautes und unerbittliches "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!"

Ein Glück, dass ein Polizist dann verwundert zurückfragte: "Ja, wollen Sie vielleicht in diesem Loch übernachten?"

Da konnte die arme Frau ihr unerbittliches "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" loslassen und die Beamten zogen sie aus der Baugrube raus.


Auch mit dem Einkaufen war das nicht so einfach, wie sie sich das erhofft hatte. Wenn ihr wieder so ein Ausschreier eine sensationelle Neuentwicklung andrehen wollte, dann konnte sie ihm zwar ein entschiedenes "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" entgegenschleudern. Aber was sollte sie machen, wenn der nachhakte: "Ja, wollen Sie sich denn wirklich diese einmalige Gelegenheit entgehen lassen?" Da musste sie wieder entschieden "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" antworten, und schon hatte sie wieder ein überflüssiges Teil in der Tasche und war um einen satten Betrag ärmer.


Und selbst mit den Männern hatte sie sich das doch irgendwie anders vorgestellt. Zwar schaffte sie es spielend, sich Männer vom Leib zu halten, die sie anmachten. Die hörten von ihr nur ein unerbittliches "Nein,nein, kommt nicht in die Tüte!" und wenn es nötig war, hörten sie es so lange, bis sie Leine zogen.

Aber dann traf sie einen wirklich charmanten Herrn, den sie auf Anhieb mochte. Und er sagte ihr auch noch: "Ich finde Sie ganz bezaubernd und würde Sie gerne wiedersehen." Was musste er da hören? "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!"


So konnte es doch auch nicht weitergehen! Frau Nein ging wieder zum Arzt und sagte: "Operieren Sie mir auf der Stelle dieses laute und unerbittliche ‚Nein, nein' wieder raus!"

"Ja, was soll ich Ihnen denn dafür einsetzen?" fragte der Arzt.

"Gar nichts!" antwortete Frau Nein.

"Auf Ihre Verantwortung," meinte der Arzt und entfernte das laute unerbittliche "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!"


Und was passierte, als Frau Nein doch weder Jaja noch Nein, nein mehr sagen musste?

Ganz einfach: Wenn sie gefragt wurde, antwortete sie: "Muss ich erst mal sehen". Wenn sie einverstanden war, meinte sie: "Warum denn nicht?", "Na klar doch!" Und wenn sie keine Lust darauf hatte, antwortete sie spitz: "Ich denke nicht im Traum dran!" oder wenn es sein musste , sagte sie auch schon mal "Kommt mir nicht in die Tüte!"

Weil von jetzt an immer so antwortete, wie ihr grade zumute war, macht es eigentlich keinen Sinn mehr, sie Frau Nein zu nennen. Aber die Leute sind eben seit der Zeit daran gewöhnt, als sie immer nur mit "Nein, nein, kommt nicht in die Tüte!" antwortete und kennt man sie in unserem Viertel noch immer als Frau Nein. xp


[Sprachförderung: Verneinung]


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